Rosenheim

Ursprünglich stand ein Wegkreuz, in späteren Jahrhunderten ein Bildstock, an einer einst als «Unot» (keine Not) bezeichneten Brücke über den bei Gewittern reissenden Feldmühlebach. Der Bildstock diente als Wegweiser für die Jakobsweg-Pilger, die in Rorschach per Schiff von Deutschland kommend in der Jakobskapelle beim Jakobsbrunnen Halt machten und frisch gestärkt durch die Wiesen des Rorschacherbergs hinauf nach St. Gallen wanderten. Beim Bildstock, über den 1840 noch ein Unterhalts-Servitut eingetragen war, und der auch die Grenze zu Rorschach bezeichnete, bog der Weg westlich nach St. Gallen ab. Wegen einer Strassenverlegung wurde der Bildstock 1902 entfernt und durch ein gusseisernes Kreuz auf einem Granitsockel in der Nähe des Bauernhofs von Josef Adolf Kühne ersetzt. Ende der 1930er Jahre deckte man den Bach teilweise zu und Ende der 1940er Jahre legte man die Rosengartenstrasse und Wiesenstrasse neu an. Das Kreuz stand im Weg und die Kirchgemeinde verschenkte es der Pfarrei Häggenschwil. Als Ersatz beauftragte 1950 der Liegenschaftsbesitzer Feldmühle, damals Rorschachs grösster Industriebetrieb, das Architekturbüro Schäfer, einen neuen Bildstock an der Ecke Rosengarten-Wiesenstrasse erstellen. Den künstlerischen Schmuck, eine Pietà, schuf der Bildhauer Willi Buck (1911−1997) aus Wil. Die Kirchgemeinde freute sich über das Geschenk und übernahm den Unterhalt.

In den Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg arbeiteten viele junge Italienerinnen und Italiener in den nahen Feldmühle-Fabriksälen. Sie wohnten in Baracken und im Mädchenheim in der Nähe des Bildstocks. Fern ihrer Heimat war der Bildstock für viele von ihnen oft ein Ort der Bitten und der Besinnung und manche Kerze und frische Blume vor der Pietà zeugten von der religiösen Italianità der südländischen Immigranten. Auch für die Baldegger Schwestern, die das Mädchenheim führten, war es eine oft besuchte Andachtsstelle.

Nach dem Niedergang der Feldmühle verlotterte das Gelände und auch der Bildstock mit dem Marienbild war in die Jahre gekommen. Als die Familie Hardmeier als neue Eigentümerin der ehemaligen Feldmühle-Liegenschaft für ihr Unternehmen Regatron einen Neubau plante, stand der Bildstock einem Neubau etwas im Wege. Es gab keinen der vielfach üblichen „Duldung eines Bildstocks“-Grundbucheinträge, die einen Abriss verboten hätten. Doch die Familie Hardmeier, insbesondere Gabriella Hardmeier, die Mutter der geschäftsführenden Söhne, betrachtete die Gedenkstätte wohlwollend. Es kam für sie nicht infrage, das kleine Segen verheissende Gebäude abzubrechen. Die katholische Kirchgemeinde hatte schon vor den Bauplänen beschlossen, den Bildstock zu renovieren. Die Familie Hardmeier befürwortete diesen Entscheid. Baumeister Moritz Meichtry und Malermeister Vito Suozzi renovierten die kleine Baute 2017 und der Künstler Klaus Engler aus Untereggen restaurierte das Bild der Pietà. Dank der gemeinsamen Arbeit entstand das heutige prächtige Werk, das sich als historisches Gebilde von der modernen Architektur des Regatron-Baus abhebt.

Impuls

Der Weg ist das Ziel

Unterwegs:
den Augenblick geniessen,
ganz da sein, wo ich gerade bin
In mich hineinhorchen
Meine Umgebung wahrnehmen
Im Fluss des Lebens gehen